Positionspapier der Grünen Freien Liste GFL
Inhalt Teil A: Grundsätzliches
______1 Grundsätze S. 3
______2 Kindergarten und Volksschule S. 5
______3 Die postobligatorische Bildung (Sekundarstufe ll) S. 6
______4 Hochschulbildung (tertiäre Bildung) S. 7
______5 LehrerInnenbildung S. 8
______6 Fort- und Weiterbildung S. 8
Teil B: Kanton Bern
______7 Positionen zu aktuellen Bildungsaufgaben im Kanton Bern S. 9
______8 Vorstösse S. 12
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Impressum ______Dieses Positionspapier wurde herausgegeben von der Grünen
Freien Liste Kanton Bern.
______Im Redaktionsteam mitgearbeitet haben:
Marianne Morgenthaler, Grossrätin GFL
Marlise Hubschmid, Vorstand GFL
Ernst Weber, Mitglied der Bildungsgruppe GFL
und Muriel Degen, Sekretariat GFL
______Kontakt: Sekretariat GFL, Waisenhausplatz 21, 3011 Bern,
sekretariat@gruenebern.ch
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Teil A: Grundsätzliches
1 Grundsätze
Bildungsauftrag
Bildung und Wirtschaft
Bildungsinhalte
______Bildung ist ein immerwährender Prozess der ganzen Gesellschaft
und jedes einzelnen Menschen mit dem Ziel, das Individuum
mündig, selbstverantwortlich und handlungsfähig zu machen und
das Zusammenleben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Alle
Beteiligten sind in die Verantwortung eingebunden: die Eltern, die
Betreuenden in Tagesstätten und Krippen, die Lehrkräfte aller Stufen,
die Schulbehörden und nicht zuletzt die Lernenden.
Bildung geschieht einerseits dauernd und von selbst durch das
Umfeld, anderseits gezielt, strukturiert und organisiert. In diesem
Papier ist die Rede von der organisierten Bildung.
Zentrale Postulate der grünen Bildungspolitik sind ein Weltbild der
Achtung vor der Schöpfung, das Denken in globalen Zusammenhängen,
eine ganzheitliche Sicht des Lebens und das Ausrichten
unseres Tuns auf eine echte Nachhaltigkeit, welche nicht nur unsere
Lebensqualität, sondern auch die Bedürfnisse zukünftiger Generationen
bedenkt. Die Fähigkeit, sich auch im Wandel zu orientieren
und diesen aktiv und kreativ mitzugestalten, ist besonders zu fördern.
Das lebenslange Lernen ist für alle – den individuellen Möglichkeiten
entsprechend – zugleich ein Recht und eine Pflicht; es muss als
notwendig erkannt und in die Bildungsgesetzgebung einbezogen
werden.
Das quantitative Wachstum kann nicht im bisherigen Tempo weitergehen,
weil die Rohstoffe und die nicht-erneuerbaren Energien
knapp werden und die Umwelt immer mehr leidet. Deshalb treten
wir für ein qualitatives Wachstum ein, insbesondere für die Hebung
der Arbeitsqualität. Dazu ist es notwendig, das Bildungspotential
der Bevölkerung zu mobilisieren. Gerade in einem Land wie der
Schweiz, das arm an Bodenschätzen und Rohstoffen ist, wird Bildung
immer mehr zu einem entscheidenden Wirtschaftsfaktor.
Deshalb sind Bildungschancen für alle nicht nur ein Menschenrecht,
sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Gute
Schulen sind ein wichtiger Standortvorteil.
Bildung soll sicherstellen, dass Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz
im gleichen Mass entwickelt werden: Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit,
Frustrationstoleranz, die Fähigkeit, sich selber zu
motivieren, Einfühlungsvermögen und Ideenreichtum gehören
ebenso dazu wie Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Sachwissen
und methodische Kompetenz.
Besonders wichtig sind die Pflege der Herkunftssprache (Muttersprache)
wie die Standardsprache (Deutsch) in Wort und Schrift
und das Hineinwachsen in die Kultur, ebenso der Erwerb von soliden
Arbeitstechniken und der Umgang mit Information. Die Neugier
und die Freude am Lernen sollen auf allen Stufen des Bildungswesens
erhalten bleiben.
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Chancengleichheit
Bildung und Geschlecht
Integration und kulturelle Vielfalt
Staatsschule/Privatschule
Leistung und Selektion
Beurteilung
Bildung ist ein Menschenrecht. Dieses darf weder auf Grund der
Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der
Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen
Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen
Behinderung beeinträchtigt werden (vgl. BV Art. 8).
Die Heranwachsenden sind vom Kindergarten an für eine partnerschaftliche
Rollenteilung in Familie und Beruf zu sensibilisieren. An
der Koedukation wird festgehalten, aber den geschlechtsbedingten
Unterschieden in der Art des Lernens soll Rechnung getragen werden.
Kulturelle, soziale und ethnische Vielfalt betrachten wir auf allen
Stufen als eine Bereicherung. Voraussetzung dafür sind ein klares
Selbstverständnis der eigenen Werte und ein waches Interesse für
andere Kulturen und Überzeugungen. Toleranz darf nicht zu
Gleichgültigkeit führen, Multikulturalität nicht zu einer Allerweltskultur.
An der Staatsschule wird grundsätzlich festgehalten. Jedoch sollen
auf allen Stufen, vom Kindergarten bis zur Universität und zur Weiterbildung,
private Bildungsanstalten gefördert werden, sofern sie
innovative Alternativen anbieten und damit zur Entwicklung des
Bildungswesens beitragen.
Die Ausbildungsstätten haben auf klar definierte Leistungen in allen
oben erwähnten Gebieten hinzuarbeiten. Die Selektion für höhere
Stufen darf sich nicht einseitig auf eingeengte Kognition wie Anwendung
von Rechenregeln und Formeln, Wortschatz, Grammatik
und Rechtschreibung beschränken, sondern sie muss alle Kompetenzen,
nämlich die sprachlich-linguistische, die mathematischlogische,
die räumliche (Vorstellungsvermögen, zeichnerischbildnerische
Fähigkeiten), die intrapersonale (sich selber kennen,
sich motivieren können, Fähigkeit des Umgangs mit Frustrationen),
die interpersonale (die Fähigkeit, mit andern umzugehen, sich in sie
hineinzuversetzen), die körperlich-bewegungsmässige (Sport, Tanz,
Akrobatik, instrumentales Musizieren) und nicht zuletzt die musikalischen
Kompetenzen umfassen. Die Selbst-Beurteilung der Schülerinnen
und Schüler muss ein integrierender Bestandteil der Zeugnisnote
sein.
Die Arbeit der Lehrkräfte aller Stufen wird in regelmässigen Abständen
beurteilt, wobei die Schülerinnen und Schüler (auf der
Hochschulstufe die Studentinnen und Studenten), die Eltern und
die Selbst-Beurteilung der Lehrkräfte einbezogen werden. Die Lehrkräfte
haben ein Anrecht auf Supervision. Eine ständige gezielte
Fortbildung ist selbstverständlich.
Die Erziehung zur Selbständigkeit hat einen hohen Stellenwert. Die
Lernenden sind dazu anzuleiten, ihre eigenen Leistungen nach objektiven
Gesichtspunkten zu beurteilen und so für ihr Lernen Verantwortung
zu übernehmen. Von der Mittelstufe an wird die Selbst-
Beurteilung bei der Notengebung berücksichtigt. Die so gewonnene
Urteilsfähigkeit fördert die Lernmotivation und erleichtert den
Entscheid beim Übertritt in eine neue Stufe.
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Durchlässigkeit
Die Lehrkräfte
Unterrichtsformen
Zwischen den Bildungsgängen und -formen ist in jedem Bildungsbereich
durch flexible Strukturen, durch geeignete Methoden und
durch ein einfaches Qualifikationssystem Durchlässigkeit zu gewährleisten.
Über die reine Wissensvermittlung hinaus wirken die Lehrkräfte als
Beraterinnen und Berater: Sie sind Helferinnen und Helfer bei schulisch
schwächeren und Anreger bei begabten und fortgeschrittenen
Schülerinnen und Schülern.
Innere Differenzierung und Individualisierung als Ziel erfordern auf
allen Stufen angepasste Formen aus der Vielfalt der Lehr- und
Lernmethoden.
2 Kindergarten
und Volksschule
Grundsätze
Die Klassen
Lerninhalte
Beurteilung
______Schule und Eltern arbeiten partnerschaftlich zusammen; die
Elternbildung ist in diesem Sinne zu fördern. Dazu gehören auch
von aussenstehenden Fachleuten geleitete Kurse und Aussprachen,
in denen Eltern und Lehrkräfte gleichberechtigt beteiligt sind. Die
Erziehung zur Selbstverantwortung in Freiheit setzt voraus, dass
das Kind auch lernt, klare Grenzen anzuerkennen und sich selber
solche zu setzen. Emotionale Fähigkeiten und Werthaltungen als
Voraussetzung für Motivation und Lernfreude sind zu fördern.
Sind im Normalfall altersheterogene Tagesschulen: Sie umfassen in
drei Stufen je 3 bis 4 (Schul-)Jahre. Zwei Lehrpersonen teilen sich
bei intensiver Zusammenarbeit in normalerweise 150 Stellenprozente.
Der normale Schultyp ist die Tagesschule, wo die Kinder
mittags gemeinsam essen.
Die Volksschule vermittelt die Grundkenntnisse, Fertigkeiten und
Kulturtechniken, ohne die eine aktive Teilnahme am öffentlichen
Leben und die Bewältigung der zunehmenden Informationsflut
nicht möglich wäre (Sachkompetenz). Ebenso wichtig sind die Erziehung
zur reflektierten Auseinandersetzung mit sich selbst
(Selbstkompetenz) und zur sozialen Achtsamkeit (Sozialkompetenz).
Die innere Differenzierung soll die Förderung individueller Begabungen
ermöglichen, ohne in Einseitigkeit zu verfallen. In allen drei
Kompetenzbereichen ist Kreativität erwünscht.
Die Lernziele sollen anspruchsvoll sein und stufenweise erreichbar
sein. Die Lehrkräfte messen die Fortschritte in der Sachkompetenz
mit einheitlichen Tests, die sich an den Lernzielen der Lehrpläne
orientieren. Die Schülerinnen und Schüler bestimmen den Zeitpunkt
der Tests selber. Für die Zeugnisnoten werden die Testergebnisse,
die Beurteilung der Lehrkraft und die Selbstbeurteilung
der Schülerin oder des Schülers herangezogen. Die Sozialkompetenz
- und Selbstkompetenz hingegen wird nicht mit Tests geprüft,
sondern von den Lehrkräften beurteilt, wobei diese auch die
Selbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler mit einbeziehen.
6
Die Basisstufe
Die Primarstufe
Die Sekundarstufe I
Sie umfasst Kinder vom 4. bis 8. Altersjahr in altersheterogenen
Klassen von 18 bis 24 Kindern. Die Basisstufe wird in der Regel in 4
Jahren durchlaufen, es können aber auch 3 oder 5 Jahre sein. Die
Unterrichtszeit beträgt 18 bis 22 Stunden pro Woche in Blöcken von
wenigstens 3 Stunden an 5 bis 7 Halbtagen.
Sie schliesst individuell gleitend an die Basisstufe an und umfasst
ungefähr die Altersstufe 9. bis 12. Lebensjahr. Dem zunehmenden
realistischen Interesse der Kinder an der Natur, der Geschichte, an
Ländern und Kulturen ist in dieser schulisch besonders ergiebigen
Phase Rechnung zu tragen.
Diese Stufe, die ungefähr das 12. bis 15. Lebensjahr umfasst, bereitet
einerseits auf weiterführende Schulen, anderseits auf eine
Berufslehre vor. Auf die Verbindung des Wissens mit handwerklichem
und künstlerischem Können ist Wert zu legen. Auch auf dieser
Stufe sind jahrgangsheterogene Klassen anzustreben, die in
kürzerer oder längerer Zeit durchlaufen werden können.
Am Ende der Schulzeit werden die bestandenen Tests im Abgangszeugnis
festgehalten, und dieses Papier wird feierlich ausgehändigt.
3 Die postobligatorische
Bildung (Sekundarstufe ll)
Grundsätze
Die Maturitätsschulen
Die Allgemeinen
Mittelschulen
______Alle haben das Recht, im Laufe ihres Lebens einen Erstabschluss
auf der Sekundarstufe II zu erwerben. Schülerinnen und
Schüler entscheiden sich entweder für eine schulisch-akademische
Ausbildung (Maturitätsschule, Maturität, Universität), für eine Allgemeine
Mittelschule mit Zertifikatsabschluss und Zugang zu einer
Fachhochschule oder für den unmittelbar auf Beruf und Praxis ausgerichteten
Weg (Berufsausbildung mit einer beruflichen Erwerbsarbeit,
evtl. Berufsmaturität). Die drei Wege sind verschiedenartig,
aber gleichwertig, und dieses Dreisäulenmodell ist am
ehesten geeignet, sowohl den gesellschaftlichen Nutzen wie die
individuelle Zufriedenheit zu sichern. Die erste Ausbildung auf der
Sekundarstufe II (Berufslehre, DMS, Matura) ist kostenlos.
Diese haben eine breite Bildung zu vermitteln und zur Hochschulreife
zu führen. Dazu gehört nicht nur Sachkompetenz, sondern
auch Selbst- und Sozialkompetenz, Selbständigkeit und gute Arbeitstechnik.
Die gestalterischen, musikalischen und Ausdrucksfächer
müssen über ein den andern Fächergruppen vergleichbares
Gewicht verfügen. (Vgl. die Ausführungen unter 1. Grundsätze.
Bildungsinhalte). Der auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Umgang mit
der Natur und die Solidarität mit der Weltbevölkerung muss thematisiert
werden.
Die Allgemeinen Mittelschulen (alte Bezeichnung DMS) sind für
gute Schülerinnen und Schüler gedacht, die sich auf Grund ihrer
Neigungen und Interessen weder für das Gymnasium noch für eine
Berufslehre entscheiden können, sich jedoch im Blick auf einen
Beruf im pflegerischen, sozialen oder pädagogischen Bereich und
7
Der auf Beruf und Praxis
ausgerichtete Weg
Berufspraktische Bildung
Behinderte
die entsprechende Fachhochschule schulisch weiterbilden möchten.
Die Allgemeinen Mittelschulen dauern drei Jahre, bieten im 3. Jahr
ein spezifisches Berufsfeld an und schliessen mit einem Zertifikat
ab.
Das erste Jahr der Berufslehre ist ein innerhalb eines Berufsfeldes
offenes Basisjahr, in dem auf Lebenspraxis und Flexibilität besonderes
Gewicht gelegt wird. Die Berufsmaturität ist zu fördern.
Wirtschaft und Verwaltung sind mitverantwortlich für die berufliche
Ausbildung. Wer Lehrlinge ausbildet und/oder Praktikumsplätze
anbietet, erhält steuerliche Begünstigung, alle andern Firmen zahlen
eine angemessene Entschädigung, die in die Finanzierung der Berufsbildung
fliesst.
Die berufliche Grundausbildung mit Attest dauert in der Regel 2
Jahre und ermöglicht den Anschluss an eine weiterführende
Grundausbildung. Sie ist für die relativ kleine Gruppe von Jugendlichen
vorzusehen, die wegen Lerndefiziten eine kürzere Ausbildungszeit
mit einfacherem Anforderungsprofil suchen. Auch Erwachsene,
die noch keine Berufsausbildung abgeschlossen haben,
sollen hier Platz finden.
Die durch die Invalidenversicherung finanzierten, speziell auf die
verschiedensten Behinderungen ausgerichteten Ausbildungen sind
weiter zu fördern
4 Hochschulbildung
(tertiäre Bildung)
Lehre und Forschung
Chancengleichheit
Verantwortung
Fachhochschulen
______Universitäten und Fachhochschulen gewährleisten den hohen
kulturellen, technischen und wirtschaftlichen Stand unserer
Gesellschaft. Sie suchen den interdisziplinären Dialog und richten
sich nach ökologisch und ethisch definierten Grundsätzen. Lehre
und Forschung sind grundsätzlich frei. Besonders zu fördern sind
die interdisziplinäre Ökologie, die Friedensforschung und die inte rnationale
Entwicklungszusammenarbeit.
muss für alle Studierenden gewährleistet sein. Das Verhältnis der
Geschlechter unter den Professoren und Professorinnen sollte
grundsätzlich dem Verhältnis in der Bevölkerung entsprechen.
Durch obligatorische Studiengänge sind die zukünftigen Eliten in
Ethik und Kommunikation zu schulen.
Während an den Universitäten die Reflexion und die Forschung an
den Grundlagen im Vordergrund stehen, widmen sich die Fachhochschulen
neben Forschung und Entwicklung vorrangig der praxisorientierten
Ausbildung. Die Fachhochschulen müssen auch die
pflegerischen, pädagogischen, sozialen und künstlerischen Bereiche
abdecken.
Berufsbegleitende Hochschulausbildungen sowie Verknüpfungen
8
Hochschulgesetz
Der numerus clausus
Europa
mit virtuellen und Internet-Universitäten müssen gefördert werden.
Alle schweizerischen Universitäten und Fachhochschulen sollen
durch ein eidgenössisches Hochschulgesetz zusammengeführt,
betrieben und finanziert werden. Die Koordination von Forschung
und Entwicklung ist durch die Schaffung von Kompetenzzentren
sicherzustellen. Die volle Breite der Lehre bleibt in der ganzen
Schweiz gewährleistet.
Er darf nur als „ultima ratio“ eingesetzt werden, wenn andere
Massnahmen nicht gegriffen haben.
Die tertiären Ausbildungssysteme der Schweiz müssen sich eng
mit der europäischen Hochschullandschaft verbinden, so dass junge
Menschen in ganz Europa ohne Zeitverlust studieren können
und unsere Abschlüsse in Europa anerkannt werden. Die Erklärung
von Bologna gilt auch für die Schweiz.
5 LehrerInnenbildung
Grundkonzept
Studieninhalte
Organisation
______Die in diesem Bildungskonzept aufgeführten Grundsätze sind
für alle Stufenausbildungen verbindlich vorzuschreiben, insbesondere
auch die Abschnitte über Leistung, Selektion und Beurteilung.
Die Studieninhalte und die Prüfungen richten sich nach den Lehrplänen
der Stufen, für die das Lehrpatent ausgestellt wird.
Die pädagogische und didaktische Ausbildung der Lehrkräfte aller
Stufen findet an einer Pädagogischen Hochschule statt.
Für die Unterstufe und die Primarstufe (Kindergarten bis 6. Schuljahr)
übernimmt die Pädagogische Hochschule die volle Ausbildung.
Für die Sekundarstufen I und II erfolgt die Ausbildung in den wissenschaftlichen
Studienfächern an der Universität. Die für das
Gymnasiallehrerpatent benötigte pädagogische und didaktische
Ausbildung kann auch nach Abschluss der wissenschaftlichen Studien
erworben werden.
6 Fort- und Weiterbildung
Fortbildung ______Die Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss
der ersten Bildungsphase und beruflicher Praxiserfahrung soll die
Regel sein. Der berufliche Umstieg und der berufliche Wiedereinstieg
werden gefördert.
9
Weiterbildung Bund, Kantone und Gemeinden sind aufgerufen, die Weiterbildung
der Erwachsenen strukturell und finanziell zu unterstützen und zu
fördern. Die Wirtschaft hat ihre Pflicht zu tun und soll Mitarbeitende
für Fort- und Weiterbildung freistellen.
Teil B: Kanton Bern
7 Positionen zu aktuellen
Bildungsaufgaben im
Kanton Bern
Vorwort
Kindergarten und Unterstufe
Primarstufe und Sekundarstufe l
Fremdsprachenunterricht
Integration von Kindern aus
anderen Kulturen
______Für den vom Regierungsrat eingesetzten Wirtschaftsrat ist
das Bildungsangebot ein wichtiger Standortfaktor. Im Kanton Bern
ist die Bildungslandschaft seit 1985 im Umbruch. Von der Volksschule
(6/3) über die neue Lehrer- und Lehrerinnenbildung (Tertiärstufe)
bis zur Universität, von der Berufsbildung bis zur Fachhochschule
alles wurde auf neue gesetzliche Grundlagen gestellt, um
damit das Bildungswesen den neuen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Gegebenheiten anzupassen.
Die Grüne Freie Liste GFL fordert eine gesamtheitliche Bildungspolitik
im Sinne ihres „Positionspapiers zur Bildung“. Zu den im Kanton
in nächster Zukunft anstehenden Aufgaben im Bildungswesen
nimmt sie wie folgt Stellung:
Die GFL fordert und unterstützt die Einführung der„Basisstufe“
(Motion Marianne Morgenthaler „Einführung der Basisstufe zur
Erziehung und Bildung der vier- bis achtjährigen Kinder“, im Juni
2000 als Postulat entgegen genommen. Anhang 1).Bis zu deren
Einführung soll jedes Kind im Kanton Bern den Kindergarten während
2 Jahren besuchen können.
Längerfristig sollen entsprechend dem „GFL-Positionspapier zur
Bildung“, auch diese Stufen in altersheterogenen Klassen geführt
werden.
Im zweisprachigen Kanton Bern ist die erste Fremdsprache die
Sprache des anderen Kantonsteils. Sie soll spätestens ab dem 3.
Schuljahr eingeführt werden. Englisch ist allen Schülern und Schülerinnen
als zweite Fremdsprache anzubieten. Ausnahmen für
sprachlich schwache Kinder sind möglich.
Es ist erwiesen, dass Kinder aus anderen Kulturen sich schneller in
die Aufnahmegesellschaft integrieren, wenn sie ein gutes Bewusstsein
über ihre Herkunftskultur haben. Gute Kenntnissen in der Herkunftssprache
und deren Pflege wirken integrationsfördernd. Zur
Entwicklung ihrer bikulturellen Identität und damit zur interkulturellen
Kompetenz, sollen diese Kinder sowohl in ihrer Muttersprache,
wie in der Standardsprache Deutsch besonders gefördert werden.
Der Kanton Bern muss dazu den bis jetzt mehrheitlich auf privater
Basis geführten Unterricht in heimatlicher Sprache und Kultur
(HSK-Unterricht) aus seiner Isolation herauslösen und besser in den
Regelschulbetrieb integrieren.
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Integration von behinderten
Kindern
Ausschluss von SchülerInnen
Das 9. Schuljahr
Vorbereitung aufs Gymnasium
Schulleitung
Berufsbildung
Diplommittelschulen (DMS)
Der Besuch der ordentlichen Bildungsgänge in der Regelklasse soll
möglichst vielen Schülerinnen und Schülern ermöglicht werden.
Für flankierende Massnahmen müssen genügend Mittel zur Verfügung
stehen.
Dies betrifft Kinder nach Volksschulgesetz Art. 17: „Schülerinnen
und Schüler, deren schulische Ausbildung durch Störungen und
Behinderungen oder durch Probleme bei der sprachlichen und
kulturellen Integration erschwert wird, sowie Schülerinnen und
Schüler mit ausserordentlichen Begabungen.“
Die GFL wiederholt ihre in der Beratung geäusserten Bedenken. Ein
Ausschluss aus der Schule darf nur ausgesprochen werden, wenn
alle anderen Bemühungen, gescheitert sind. Ein Ausschluss darf
höchstens ein Quartal lang dauern. Eine sinnvolle Beschäftigung
der Ausgeschlossenen sowie professionelle Begleitung der Familie
während der Zeit des Ausschlusses, mit dem Zweck der Wiedereingliederung,
respektive der Suche einer weiterführenden Alternative,
müssen gewährleistet sein.
Für Schülerinnen und Schüler, die nicht in das Gymnasium überzutreten
gedenken, soll das 9 Schuljahr aufgewertet werden. Die Ziele
sollen auf die Berufswahl und die Vorbereitung auf eine Berufslehre
oder auf den Übertritt in eine Diplommittelschule DMS ausgerichtet
sein. Für die Real- und Kleinklassenschüler und -schülerinnen des 9.
Schuljahres sind besondere Anstrengungen im Hinblick auf einen
optimalen Einstieg ins Berufs- und Arbeitsleben zu unternehmen.
Der Schulabschluss soll im Sinne eines Übergangsrituals feierlich
gestaltet werden.
Für den Übertritt ans Gymnasium braucht es auch in Zukunft regional
abgestimmte Lösungen.
Die begonnene Entwicklung zur Teilautonomie innerhalb klaren
Rahmenbedingungen wird von GFL unterstützt. Die Schulleiter und
Schulleiterinnen sollen für ihre Führungsaufgabe ausgebildet und
während der Ausübung ihrer Funktion auf ihr Begehren hin mit
Coaching unterstützt werden.
GFL hält am dualen System fest. Die Betriebe sollen sich an der
Ausbildung ihrer Arbeitskräfte beteiligen, entweder indem sie selber
in Ausbildung stehende Personen beschäftigen oder aber deren
Ausbildung in andern Betrieben via einen Lehrstellenpool finanziell
unterstützen.
Die kantonalen Lehrwerkstätten sollen im heutigen Umfang beibehalten
werden. Im Gegensatz zu heute, wo diese von der Öffentlichkeit
bezahlte Ausbildung tendenziell den guten Schülern und
Schülerinnen offen steht, sollen die Lehrwerkstätten zusätzlich
auch Lehrtöchter und Lehrlinge ausbilden, die besonderer Förderung
bedürfen. Im weiteren sollen die Lehrwerkstätten innovativ
tätig sein und im Sinne von Projekten neue Ausbildungsmodelle
ausarbeiten und anbieten.
Die Diplommittelschulen sind so zu Allgemeinen Mittelschulen umzubauen,
dass sie zu einem definierten Anschluss an die Tertiärstufe
führen.
(Motion Marianne Morgenthaler, „Anpassung und Neuausrichtung
11
Musikschule
Neue Lehrer- und Lehrerinnenbildung
(LLB):
Hochschulen
Erwachsenenbildung
Finanzierung
der Diplommittelschulen, DMS“, siehe 8. Vorstösse)
Die Musikschulen haben sich in den letzten dreissig Jahren zu einem
wichtigen kulturtragenden Bestandteil des bernischen Bildungswesens
entwickelt. Die GFL wird sich jedem Abbau im Bereich
der Musikschulen vehement widersetzen, weil die Musikerziehung
– wie sich in der neueren Forschung gezeigt hat - für die
Entwicklung des Menschen von zentraler Bedeutung ist.
- Die LehrerInnenausbildung im Kanton Bern wird zentralisiert.
Die berufspraktische Ausbildung findet an dezentralen Kompetenzzentren
statt.
- Zur neuen LLB führen drei Wege: Maturität, Berufsmaturität,
Diplommittelschule DMS. Für Anschlussmöglichkeit nach der
Berufsmaturität und der Diplommittelschule an die LLB sind geeignete
Zwischenschritte zu schaffen.
- Die pädagogische und didaktische Ausbildung der Lehrkräfte
aller Stufen findet an einer Pädagogischen Hochschule statt.
- Für die Unterstufe und die Primarstufe (Kindergarten bis 6.
Schuljahr) übernimmt die Pädagogische Hochschule die volle
Ausbildung.
- Für die Sekundarstufen I und II erfolgt die Ausbildung in den
wissenschaftlichen Studienfächern an der Universität. Die für
das Gymnasiallehrerpatent benötigte pädagogische und didaktische
Ausbildung kann auch nach Abschluss der wissenschaftlichen
Studien erworben werden.
Entsprechend dem Modell Hochschulregion Mittelland bilden die
Universitäten und Fachhochschulen Aargau, Basel, Bern, Freiburg,
Luzern, Neuenburg und Solothurn eine Universitätsregion : Diese
Hochschulen stimmen ihre Angebote aufeinander ab, es herrscht
eine grosse Durchlässigkeit. Doppelspurigkeiten sollen abgebaut
werden. Dies bedeutet, dass die zweisprachige Hochschulregion
Mittelland alle Institutionen der Tertiärstufe umfasst. Da die Universität
Bern unter diesen Hochschulinstitutionen die einzige „Voll-
Hochschule“ mit allen Fakultäten ist, übernimmt sie vorläufig die
Federführung für die Hochschulregion Mittelland. (Motion Johanna
Wälti-Schlegel, „Hochschule Mittelland“, siehe 8. Vorstösse)
Die begonnene Anpassung an den europäischen Bildungsraum
(Bologna Declaration, 2-stufige Studienstruktur mit Bachelor- und
Master-Abschlüssen) muss im bisher zügigen Tempo weiter geführt
werden.
Der Kanton Bern ist der einzige Kanton in der Schweiz, der ein Erwachsenenbildungsgesetz
hat (seit 1990) Die bestehenden Angebote
im ganzen Kanton sollen unterstützt und ausgebaut werden.
Insbesondere soll die Elternbildung mit verschiedenen, den Bedürfnissen
und auch den zeitlichen Möglichkeiten der Eltern entsprechenden
Angeboten gefördert werden. Es ist darauf zu achten,
dass Fort- und Weiterbildung auch neben dem Erwerbs- und Familienleben
möglich bleibt.
Der Kanton Bern hat im vergangenen Jahrzehnt im Bildungswesen
mit zuwenig Geld zuviel gewollt. Heute geht es darum, die Mittel
12
Rahmenbedingung
den Aufgaben anzupassen. GFL verlangt eine Stabilisierung der
prozentualen Ausgaben im Verhältnis zum Gesamtbudget im Bildungsbereich
auf dem Niveau von 1995. Es braucht wieder mehr
Geld:
- Im Volksschulbereich für eine bessere Arbeitssituation und für
den Umbau der Basisstufe;
- auf Sekundärstufe für den Umbau der DMS; auf Tertiärstufe für
den Aufbau der Fachhochschule in den beschlossenen
Bereichen.
- In der Berufsbildung zum Erhalt des heutigen Ausbildungsniveaus.
Wir stützen unsere Forderungen auf die Ergebnisse des vom Regierungsrat
eingesetzten Wirtschaftsrates ab. (Motion Bernhard Pulver,
„Mehr Geld für Kopf, Herz und Hand“, siehe 8. Vorstösse)
Die Schulen sollen sich auf ihren Bildungsauftrag konzentrieren
können. Für die Erziehung der Kinder sind die Eltern verantwortlich.
Kinder benötigen in erster Linie ein verlässliches Umfeld. Sie sollen
feste Bezugspersonen und einen geregelten Tagesablauf haben.
Schule, Elternhaus und familienergänzende Einrichtungen sollen
ermöglichen, dass die Kinder jederzeit optimal ihren Bedürfnissen
entsprechend gefördert und betreut werden.
Für ein physisch und psychisch gesundes Aufwachsen sind auch
ausserhalb der Schulen gute Rahmenbedingungen zu schaffen.
Dies betrifft insbesondere:
- Familienfreundliche Schulstrukturen: Die GFL fordert die Einführung
von Tagesschulen. Die Möglichkeit zur Tagesbetreuung
in jedem Schulhaus und Blockzeiten sind das Minimum.
- Angemessene flächendeckende Versorgung mit Angeboten der
familienexternen Betreuung: Krippen, Tagesheime, Tagesfamilien,
Tagesschulen und Aufgabenhilfen
- Schulwegsicherung
- Flexible Arbeitszeitmodelle, damit die Eltern ihre Erziehungsaufgaben
wahrnehmen können.
- Elternbildung: Es sind besonders auch die niederschwelligen
Angebote zu fördern.
8 Vorstösse
Motion
Einführung der Basisstufe zur
Erziehung und Bildung der vierbis
achtjährigen Kinder
als Postulat überwiesen in der Junisession
2000
(Motionärin Marianne Morgenthaler)
Begründung
______Der Regierungsrat wird beauftragt, im Kanton Bern die Einführung
der Basisstufe zur Erziehung und Bildung der vier- bis achtjährigen
Kinder vorzubereiten. Die Einführung ist für jenes Schuljahr
vorzusehen, in dem erstmals Absolventinnen und Absolventen der
neuen Stufenausbildung für den Kindergarten bis zum 2. Schuljahr
zur Verfügung stehen.
1998 hat die Fraktion Grüne Freie Liste mit einer Motion verlangt,
der Regierungsrat solle bis Mitte 1999 in einem Bericht aufzeigen,
wie im Kanton Bern die Basisstufe eingeführt werden könnte.